Die Biokompatibilität ist ein entscheidender Aspekt bei der Entwicklung und Zulassung von Medizinprodukten und bezieht sich auf die Fähigkeit eines Produkts, seine vorgesehene Funktion zu erfüllen, ohne nachteilige Auswirkungen auf den Patienten oder die Umgebung, in Bezug auf Anwender und Dritte, zu haben. Die ISO 10993 ist eine internationale Norm, die Richtlinien für die Bewertung der Biokompatibilität von Medizinprodukten enthält. Diese Norm deckt eine breite Palette von Tests ab, die zur Bewertung der potenziellen Toxizität, Reizung, Sensibilisierung und Genotoxizität von Medizinprodukten verwendet werden.
Die ISO 10993 ist in 21 Einzelnormen gegliedert: Teil 1 enthält allgemeine Informationen zur Auswahl der Prüfungen (s. Tabelle unten) sowie Anleitungen zur Biokompatibilität in Hinblick auf einen Risikomanagementprozess (biologischer Evaluierungsplan/-bericht). Die meisten der anderen Normen enthalten spezifische Prüfverfahren für verschiedene Arten von Produkten. Welche Prüfungen Anwendung finden, hängt von deren Kontaktart (Haut, Gewebe, Blut, …) und der Kontaktdauer ab. Die häufigste und sensibelste der Prüfungen ist die Überprüfung der Zytotoxizität. Diese Testung nutzt die eine in vitro-Zellkultur aus einem Monolayer von Zellen und gibt erste Hinweise auf die Biokompatibilität eines Werkstoffes oder eines Medizinprodukts. Nach der Extraktion des Medizinprodukts werden die L929-Zellen mit diesem Extrakt inkubiert und nach 24 Stunden wird die Stoffwechselaktivität bzw. die Viabilität der Zellen quantitativ gemessen.
Der Prozess der Biokompatibilitätsprüfung beginnt in der Regel mit einer Risikobewertung, die dazu dient, die mit einem Produkt verbundenen potenziellen Risiken zu ermitteln und die entsprechenden Tests zu bestimmen, die durchgeführt werden sollten. Danach folgen die präklinischen Tests, mit denen versucht wird, mögliche Probleme zu erkennen, bevor das Produkt am Menschen eingesetzt wird. Zu den Tests, die im Rahmen der präklinischen Prüfung durchgeführt werden, gehören in vitro-Tests und in vivo-Tests. Wo möglich, sollen so wenig Tierversuche wie möglich durchgeführt werden. Vermehrt wird Wert auf physikalisch/chemische Untersuchungen und in-vitro Testungen, wie z. B. die Testung nach ISO 10993-5 [Link Zytotox] und -23 [Link Hautirirtation] gelegt. Diese Testungen müssen nach der ISO 10993-1 immer am finalen Produkt stattfinden, welches alle Herstellungsschritte abgeschlossen hat. Dazu gehört u.a. und wenn nötig die Sterilisation des Produkts.
Der nächste Schritt ist die klinische Prüfung, bei der die Sicherheit des Produkts am Menschen bestätigt wird. Dazu gehören klinische Prüfungen, in denen die Leistung und Sicherheit des Produkts unter kontrollierten Bedingungen bewertet werden.
Die ISO 10993 enthält auch Leitlinien für die Auswahl von Materialien für Medizinprodukte, die für die Gewährleistung der Biokompatibilität wichtig sind. Die Norm empfiehlt die Verwendung von Materialien, die ausgiebig auf Biokompatibilität getestet wurden und deren Sicherheit nachgewiesen ist. Darüber hinaus wird in der Norm empfohlen, die Produkte so zu gestalten, dass das Risiko unerwünschter Reaktionen minimiert wird. Beispielsweise sollten die Produkte aus Materialien bestehen, die bekanntermaßen nicht toxisch sind, und so konzipiert sein, dass das Gewebe während der Anwendung möglichst wenig geschädigt wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Biokompatibilität ein kritischer Aspekt bei der Entwicklung von Medizinprodukten ist und für die Gewährleistung der Sicherheit und Wirksamkeit dieser Produkte von entscheidender Bedeutung ist. Die ISO-Norm 10993 enthält Richtlinien für die Bewertung der Biokompatibilität von Medizinprodukten und umfasst eine breite Palette von Tests, die zur Bewertung der potenziellen Toxizität, Reizung, Sensibilisierung und Genotoxizität von Medizinprodukten verwendet werden. Die Norm enthält auch Leitlinien für die Auswahl von Materialien für Medizinprodukte und empfiehlt die Verwendung von Materialien, die umfassend auf Biokompatibilität getestet wurden und deren Sicherheit nachgewiesen ist. Um sicherzustellen, dass Medizinprodukte für die Anwendung am Menschen sicher sind, müssen die Hersteller diese Richtlinien befolgen und die entsprechenden Tests durchführen.
Tabelle 1: In einer biologischen Risikobewertung zu behandelnden Endpunkten bzgl. der Auswahl der Testungen basierend auf Kontaktdauer und -art (aus ISO 10993-1, Tabelle A.1)